Samstag, 9. Juni 2007

Noch einmal Afrika: Die große Enttäuschung und die Doppelmoral des Gipfels

Daß die Bundesregierung den Gipfel von Heiligendamm als großen Erfolg verkaufen will, nimmt nicht Wunder. Was die Beschlüsse zu Afrika betrifft, war er jedoch eine große Enttäuschung. Nach all dem Rummel, der im Vorfeld und parallel zu dem Thema stattgefunden hat, hätte man mehr erwarten können als die vage Bekräftigung der Versprechen von Gleneagles und die nebulöse Ankündigung, zu einem unbestimmten Zeitpunkt bis zu 60 Mrd. Dollar für den Kampf gegen HIV/Aids, Malaria und Tuberkulose ausgeben zu wollen.

Viele NGOs – und diesmal, ganz anders als in Gleneagles, auch die Rockstars – sind jetzt entsetzt. Doch der Gipfel von Heiligendamm hat in puncto Afrika und Entwicklungshilfe lediglich die alte Tradition der vagen Absichtserklärungen fortgeschrieben, die seit jeher ein Wesensmerkmal der G8 ist.

Während ein Teil der Medien das offizielle Lied vom Erfolg des Gipfels mitsingt, verweisen die seriöseren unter ihnen auf den Schaden, den die G8 gerade mit ihrer Afrikapolitik anrichten. Während sie in ihrer Afrika-Deklaration so ausführlich wie selten zuvor Good Governance, gute Regierungsführung, predigen, scheren sie sich selbst nicht im geringsten darum, ihre einmal gemachten Zusagen einzuhalten. Zum Gipfel der Scheinheiligkeit und Doppelmoral geriet in diesem Jahr der sog. Afrika-Outreach (s. Photo), d.h. die Einladung einiger afrikanischer Spitzenpolitiker an den Katzentisch. In diesem Rahmen empfingen die G8 diesmal auch den neuen nigerianischen Präsidenten Umara Yar’Adua. Der kam gerade durch einen Wahlbetrug an die Macht, wie die Beobachter der EU einhellig feststellten. Nachdem zu seiner Amtseinführung kein westliches Staatsoberhaupt erschienen war, konnte er jetzt in Heiligendamm als Repräsentant des „neuen Afrika“ auftreten. In der Printausgabe der Financial Times von gestern bejubelten zwei Großkonzerne diesen Durchbruch: „Nigeria’s new President arrives. G8 Summit: Ready for Business“. Gute Geschäfte gehen also allemal vor Good Governance.

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