Dienstag, 10. April 2007

Gastkommentar: Wachstum muß auch bei den Armen ankommen

Von Claudia Warning

Erstaunt liest man in der G8-Agenda der Bundesregierung, daß die Beschlüsse von Gleneagles zur Steigerung der ODA Meilensteine waren und umgesetzt werden. Allein wie das passiert, bleibt offen. Nach wie vor ist unklar wie und mit welchem Fahrplan die Bundesregierung die erheblichen notwendigen Steigerungen der ODA erreichen will. Stattdessen setzt sie auf den kontinuierlichen Ausbau des Privatsektors für afrikanische und internationale Investoren.

Daß wirtschaftliche Entwicklung ein wichtiger Teil von Entwicklung darstellt, mag niemand bezweifeln. Doch der erwartete „Trickle-down-Effekt“, auf den die Bundesregierung offensichtlich setzt, tritt sehr häufig nicht ein. Makroökonomisches Wachstum kommt - durch ungleiche Verteilungsstrukturen - bei einem großen Teil der Bevölkerung nicht an und verändert ihre Lebensbedingungen kaum, wie das Beispiel Südafrika zeigt. Hier postuliert die Agenda zwar sozial gerechte Verteilung, wie die G8 aber selber daran mitwirken können und welche Rolle die ODA dabei spielt, bleibt offen.

Ein Schwerpunkt der Afrika-Politik sollte daher auf verteilungsgerechtem Wachstum, dem sog. ProPoor Growth, liegen. In einem ersten Schritt würde dies bedeuten, vor allem jene Wirtschaftsbereiche zu fördern, in denen gerade arme Bevölkerungsschichten zusätzlich Beschäftigung finden können. Eine solche armutsorientierte Entwicklung sollte vor allem die Sicherung der Ernährungssouveränität und des Zugangs zu Ressourcen für die Armen umfassen. Auch die Förderung der Bildung – nicht nur der primären, sondern auch der sekundären, akademischen und beruflichen Bildung ist in dieser Hinsicht von zentraler Bedeutung.

Gleichzeitig sollten verbindliche Vereinbarungen hinsichtlich einer gerechten Einbindung der afrikanischen Länder in die Weltwirtschaft getroffen werden. Hier müssen die G8 Verantwortung übernehmen und den afrikanischen Ländern beispielsweise bei den Verhandlungen im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) und im Rahmen des Cotonou-Abkommens über neue Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (EPAs) Spielräume gewähren. Die Länder des Nordens müssen die Exportsubventionen und diejenigen Agrarsubventionen streichen, die zu Dumping führen und die Wettbewerbsfähigkeit afrikanischer Kleinbauern zerstören und auf Abkommen zu Investitionen, Wettbewerbspolitik und öffentliche Beschaffung verzichten.

Dr. Claudia Warning ist Vorsitzende des Verbands Entwicklungspolitik deutscher NGOs (VENRO) und des Evangelischen Entwiclungsdienstes (EED).

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Ein Satz wie "Hier müssen die G8 [...] den afrikanischen Ländern [...] Spielräume gewähren" zeigt und untermauert eine Denkweise, die die sogenannten Entwicklungsländer nicht auf gleicher Augenhöhe sieht, sondern ihnen im post- bzw. neokolonialistischen Stil wiederum die Rolle von Almosenempfängern und Bittstellern zuweist.
Ein (selbst-) kritischerer Sprachgebrauch ist nötig — eine andere Welt ist möglich!
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