Mittwoch, 25. April 2007

G8-Dialog mit der Zivilgesellschaft: Clever demonstrierte Offenheit und Partizipation

Für zwei Tage verwandelt sich nun die Bonner Beethoven-Halle in das gemeinsame Boot des Dialogs zwischen der Bundesregierung und zahlreichen NGOs aus G8-Staaten sowie Schwellen- und Entwicklungsländern. Der erste Tag brachte kaum Kontroversen und belegte eher das Bonmot von Karl-Ernst Brauner aus dem Wirtschaftsministerium, der die Frage von Michael Glos „Warum heißt es eigentlich Zivilgesellschaft“ so beantwortete: Das seien die, die immer so zivilisiert diskutieren. Ulrich Benterbusch vom Sherpa-Büro der deutschen G8-Präsidentschaft sah seit Gleneagles gar eine Kehrtwende zum Dialog. Und wie man mit NGOs umgehen müsse, in dieser Frage habe die Bundesregierung sehr viel von Tony Blair und Wladimir Putin gelernt.

Der Form nach ist der Civil G8 Dialogue in der Tat ein Novum. Fast 250 TeilneherInnen diskutieren die deutsche G8-Agenda für Heiligendamm rauf und runter und manchmal auch darüber hinaus. Die Keynote-Adresse der Entwicklungsministerin, Heidemarie Wieczorek-Zeul, paßte da eher nicht hinein. Denn die Ministerin variierte konsequent das Muster „Ich sage hier meine Meinung, die nicht immer (meistens nicht; RF) die aller anderen G8-Mitglieder ist, um es sehr diplomatisch zu formulieren.“ Immerhin fand sie starke Worte für mehr G8-Engagement im Kampf gegen HIV/AIDS und forderte eine entwicklungsverträgliche Revision des TRIPS-Abkommens über geistiges Eigentum. Im letzten Punkt freilich dürfte der G8 eher eine an den nördlichen Konzerninteressen orientierte Verschärfung fordern.

Die zahlreichen NGO-Sprecher, die zu Wort kamen, unterschieden sich erwartungsgemäß in der graduellen Reichweite ihrer Forderungen. Uli Post (VENRO) kritisierte, daß auf der deutschen G8-Agenda ein Umsetzungsplan für die vor zwei Jahren in Gleneagles gegebenen Versprechen schlicht fehle. Auch das Thema Biodiversität komme überhaupt nicht vor. Jürgen Maier (Forum Umwelt & Entwicklung) schwärmte von einem globalen Deal zwischen G8 und O5 (Outreach-5-Staaten: Brasilien, Indien, Südafrika, Mexiko und China) in puncto Klimaschutz und Energiepolitik; bemängelte aber, daß bis heute nicht deutlich werde, was die O5 davon hätten. Thomas Münchmeyer von Greenpeace will eine Festlegung des Gipfels auf ein CO2-Reduktionsziel von 30% bis 2020, ein Abbremsen der Klimaerwärmung auf weniger als 2° Celsius und ein klares Verhandlungsmandat für die Klimakonferenz in Bali Ende des Jahres. Dabei müsse die G8 notfalls vom Konsenszwang abrücken und auch mal ohne die USA aktiv werden.

Etwas Wasser in den Wein schüttete allerdings Peter Wahl von Attac und prognostizierte, daß der Gipfel in Heiligendamm die magersten Ergebnisse eines G8-Gipfels seit Jahren bringen werde. Nicht nur, weil die alten Herren wie Bush, Blair und Chirac dann nicht mehr oder nur noch als „lahme Ente“ dabei seien. Zumal mit der Erweiterung des Gipels zu G8 plus O5 seien die Widersprüche so groß wie noch nie. Schon seit der Aufnahme Rußlands habe der Club immer weniger zustande gebracht. Da fragt man sich doch, ob es überhaupt noch notwendig ist, daß Attac so lautstark „Keine Macht für G8!“ ruft.

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