Dienstag, 17. April 2007

Gastkommentar: Der Gipfel muß für Afrika einen Investitionsschub in Erneuerbare Energien bringen

Von Ute Koczy, MdB

Der Fächer der Erwartungen ist weit gespannt. Das politische Berlin bereitet sich intensiv auf das Ereignis G8 vor – doch die Gefahr ist groß, daß all die Energie verpufft und nur schöne Worte die Misere in Heiligendamm verkleiden werden. Deswegen darf nicht vergessen werden, daß die G8-Präsidentschaft bis zum Ende des Jahres 2007 dauert und man auch Einfluß auf den EU-Afrika-Gipfel nehmen kann, der für Dezember angeplant ist.

In Heiligendamm rückt mit Afrika erfreulicherweise der Kontinent in den Mittelpunkt, der unter ganz verschiedenen Gesichtspunkten, wie Klimawandel, der HIV/AIDS-Pandemie oder der Ressourcen-Ausbeutung, unter Druck gerät. Gleichzeitig kann Afrika auch mit steigendem Selbstbewußtsein Mitspieler bei Entscheidungen werden. China braucht Rohstoffe und die G8-Staaten erleben jetzt eine Konkurrenz unter ähnlichen Vorzeichen wie in der kolonialen Geschichte, in der auch nur die eigenen Interessen verfolgt wurden.

Die entscheidende Frage für mich ist, ob die stark gebeutelte Bevölkerung in den afrikanischen Staaten eine Chance auf Verbesserung ihrer Lebenssituation hat. Das fürchterlichste Beispiel für katastrophales Management bei Rohstoffeinnahmen ist zur Zeit Nigeria. Zu einem dramatischen Zeitpunkt, nämlich kurz vor den Wahlen, bricht das ohnehin schwache Wirtschaftsleben zusammen, weil die Eliten und die Unternehmen sich schamlos bereichert haben und selbst ein gut meinender Präsident wenig gegen Korruption ausrichten konnte. Es fehlt hinten und vorne an Energie in einem Land, das inzwischen zum achtgrößten Öl- und Gaslieferanten der Welt aufgestiegen ist. Es fehlt an staatlichen Strukturen und an Verantwortungsbewußtsein. Ich fürchte, daß die Schockwellen, die vom Zusammenbruch Nigerias ausgehen könnten, weitreichende Folgen haben können. Da reicht es nicht mehr aus, wenn die Bundesregierung sich darauf besinnt, daß eine Rohstoffstrategie (>>> Merkels neue Rohstoffstrategie) Sinn machen könnte, da müssen auch die Unternehmen, die den G8-Staaten Rohstoffe liefern, an die Kandare genommen werden. Shell hat sich viel zu lange darauf ausgeruht, daß es genügt, Gelder weiterzuleiten, egal wohin sie verschwinden, und hat viel zu wenig dafür getan, vor Ort im Niger-Delta beim Aufbau tatsächlich funktionierender Strukturen zu helfen.

Wir müssen uns hier in Europa allerdings fragen, ob wir nicht allzu schweigsam die katastrophalen Bedingungen der Öl- und Gasförderung akzeptiert haben, um von billigen Preisen zu profitieren. Ähnliches wie in Nigeria passiert doch auch in Rußland und in den Staaten Zentralasiens. Die Frage des Zugangs zu Energie und Rohstoffen wird entscheidend für die Zukunft sein. Wir können all die schönen Träume von der Umsetzung der Millenium-Entwicklungsziele vergessen, wenn es nicht gelingt, massiv in Erneuerbare Energien zu investieren und das noch vorhandene Geld in diese Zukunftsfelder zu lenken. Daß Atomkraft nur bedeutet, vom Regen in die Traufe zu kommen, unterstreiche ich. Deswegen fordere ich die Bundesregierung auf, auf dem Gipfel den Aufbruch in das Erneuerbare Energien-Zeitalter zu organisieren und Investitionen für Erneuerbare Energien in Afrika zu forcieren.

Ute Koczy ist entwicklungspolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag.

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