Donnerstag, 19. April 2007

G8-Thema „Patentschutz“: Todesurteil für Tausende

Die Bundesregierung scheint fest entschlossen, das zwischen Nord und Süd heiß umstrittene Thema „Patentschutz“ zu einem zentralen Punkt auf dem G8-Gipfel in Heiligendamm Anfang Juni zu machen. Das zeigt die gestrige Rede der Bundeskanzlerin auf dem Europäischen Patentforum in München. Daß sich die Bundesregierung dabei vor allem als Sprachrohr und verlängerter Arm der Spitzenverbände der deutschen Industrie sieht, zeigt ein Papier zu Präventivstrategien gegen Produktpiraterie, das Berlin gemeinsam mit der deutschen Wirtschaft erarbeitet hat. Auf dem G8-Gipfel strebe die deutsche Präsidentschaft einen verstärkten Dialog mit den großen Schwellenländern über das Thema an. Gegenüber Brasilien, China, Indien, Mexiko und Südafrika will Deutschland um zunehmende Verantwortung bei der Bekämpfung von Produktpiraterie werben, erklärte die Bundesregierung bei der Vorstellung des Industriepapiers.

Ob sie dabei erfolgreich ist, steht auf einem anderen Blatt. Aber es ist offensichtlich, daß es der Großen Koalition vor allem darum geht, die Weichen für mehr und strengere Patente zu stellen. Zumindest im Bereich der Pharmaproduktion, so schreibt Thomas Gebauer von medico international heute in der taz, laufe jedoch jede weitere Verschärfung des Patentschutzes darauf hinaus, „weitere Menschen vom Zugang zu wirksamen Medikamenten auszuschließen“. Schon mit dem TRIPS-Abkommen über geistiges Eigentum im Rahmen der WTO, so der Nobelpreisträger Joseph Stieglitz, seien „tausende von Menschen in den ärmsten Ländern zum Tode verurteilt“ worden. Und die deutsche G8-Agenda zielt erkennbar über dieses Abkommen hinaus (>>> W&E 01/2007).

Instruktiv und um Versachlichung im "Krieg der Patente" (Gebauer) bemüht ist eine neue Studie des Intellectual Property Institute in London. In ihr werden vier Mythen, die über das System intellektueller Eigentumsrechte in der Volksrepublik China kursieren, mit den Fakten konfrontiert und Empfehlungen für den Heiligendamm-Gipfel formuliert (>>> Intellectual Property Rights in China).

Keine Kommentare: