Freitag, 13. April 2007

Gastkommentar: Die Club-Hegemonie der G8 ist ein welthistorisches Auslaufmodell

Von Franz Nuscheler

Im Vorfeld des G8-Gipfels in Heiligendamm tauchen in Kampagnen und Pamphleten seiner Kritiker aus aller Welt allerhand deftige Parolen auf. Da ist wieder die Rede von der „Ersatz-Weltregierung ohne Legitimation“, von einer „Club-Hegemonie“ oder gar von einer „G8-ization“ der Welt. Dieser Club der acht mehr oder weniger gewichtigen global players sitzt zwar (noch) an den Schalthebeln der Weltwirtschaft, aber er bildet keine „Ersatz-Weltregierung“, weil er über keine weltweite Durchsetzungskraft verfügt. Bei der G8 mag es sich um eine zwar machtgestützte Club-Governance handeln, die aber mit keinerlei verbindlichen Entscheidungskompetenzen ausgestattet ist. Das akademische Reflektieren über eine „Club-Hegemonie“ stößt schnell an Grenzen, weil eine solche nicht nur mit dem – obgleich brüchigen – US-amerikanischen Anspruch des hegemonialen Unilateralismus, sondern inzwischen auch mit dem Machtanspruch in Asien kollidiert. Auch die IBSA-Gruppe aus Brasilien, Südafrika und Indien demonstrierte in den WTO-Verhandlungsrunden eine wirkungsvolle Gegenmacht.

Die real existierende G8 ist nicht nur mit großen globalen Herausforderungen, sondern auch mit tief und weit reichenden Machtverschiebungen im internationalen System konfrontiert. Die angebliche „Ersatz-Weltregierung“ kann die Welt nicht regieren und wird dies in Zukunft ohne Beteiligung regionaler Führungsmächte noch weniger tun können. Diese werden sich ihre Beteiligungsansprüche auch nicht durch die Einbindung in die von der G8 gesteuerte G20 abkaufen lassen.

Die G8 ist nicht mehr in der Lage, die Verschiebung der weltpolitischen Gravitationszentren zu steuern. Wenn es überhaupt jemals eine Club-Hegemonie der G7/G8 gegeben haben sollte, die an die Stelle der schwächelnden US-Hegemonie trat, dann ist auch diese Hegemonie, wie pompös sie sich auch wieder zu hohen Kosten in Heiligendamm inszenieren mag, ein welthistorisches Auslaufmodell. Die durch das Andocken Russlands erweiterte „OECD-Welt“ bildet nicht mehr den Nabel der Weltgeschichte. Das alte Zentrum-Peripherie-Modell ist überholt.

Prof. Dr. Franz Nuscheler war bis zu seiner Emeritierung Direktor des Instituts für Entwicklung und Frieden (INEF) an der Uni Duisburg.

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