Mittwoch, 6. Juni 2007

Gastkommentar: Menschen gehen vor Profit – Die G8 werden die Probleme nicht lösen

Von Heike Hänsel, MdB

Der G8-Gipfel in Heiligendamm wird der bislang teuerste sein. Der Bund der Steuerzahler rechnet mit 120 Mio. €. 16.000 PolizistInnen aus der ganzen Republik, 1.100 SoldatInnen, Kampftaucher der Marine, Boote des Küstenschutzes, Phantom-Jagdflugzeuge und ein 3,5 km langes Stahlnetz vor der Küste sollen für die Sicherheit der Staatschefs sorgen. Allein der Zaun, der um Heiligendamm herum gebaut wurde, kostet über 12 Mio. €. Der G8-Gipfel ist nicht nur teuer – er geht einher mit zunehmender Repression. Unionspolitiker wollen die GSG 9 gegen DemonstrantInnen losschicken, SPD-Politiker fordern den Einsatz von Gummigeschossen. Im Umfeld des Gipfels sollen neue sicherheitspolitische Standards etabliert werden, z. B. die verdeckte Online-Durchsuchung von Festplatten. „Globalisierung mit menschlichem Antlitz“ verspricht Bundeskanzlerin Merkel – Razzien, Geruchsproben, Online-Durchsuchungen sprechen eine andere Sprache.

Trotz aller Worte über die sog. Partnerschaft mit Afrika: Die G8 werden die Probleme der Länder des Südens nicht lösen – ihre Zusammenkunft ist vielmehr Ausdruck der ungerechten und zerstörerischen Weltordnung, die diese Probleme hervorbringt. Die Armut und der Mangel an Nahrung in Afrika sind Bilanz von Jahrzehnten neoliberaler Wirtschafts- und Handelspolitik, für die die G8-Staaten über ihren dominierenden Einfluß auf Weltbank, IWF und OECD verantwortlich sind und die sich in der politischen Agenda der deutschen G8-Präsidentschaft fortsetzt, die den freien Welthandel, Investitionsschutz und weltweiten Zugriff auf Energieträger zu zentralen Zielen erklärt hat.

DIE LINKE setzt ihre Hoffnungen deshalb auf andere AkteurInnen: Wir unterstützen die afrikanischen Zivilgesellschaft in ihrer Forderung nach solidarischen Handelsbeziehungen zwischen EU und Afrika. Die Verhandlungen zu den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (EPAs), die die Bundesregierung als EU-Ratspräsidentin derzeit vorantreibt, müssen ausgesetzt und neu ausgerichtet werden: Nicht Marktzugang und Investitionssicherheit für EU-Konzerne, sondern die Entwicklungsbelange der AKP-Gesellschaften müssen im Mittelpunkt stehen. In Lateinamerika werden Wege einer alternativen Wirtschaftsintegration schon konkret erprobt: Im Rahmen des Abkommens ALBA (Bolivarische Alternative für Amerika) wird der Handel komplementär und gemäß dem Bedarf der teilnehmenden Gesellschaften gestaltet. Hier liegen Orientierungspunkte für eine künftige gerechtere Weltwirtschaftsordnung. Eine solche kann nicht mit, sondern nur gegen die G8 durchgesetzt werden.

Heike Hänsel ist Mitglied des Deutschen Bundestags und für die Fraktion „Die Linke“ im Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (AWZ).

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