Mittwoch, 6. Juni 2007

Klimagerechtigkeit auf dem Alternativgipfel: Immer noch herrscht ein tiefer Graben

(Jörg Haas) „Gerechtigkeit ist in der Klimafrage kein Luxus, den wir uns nicht leisten können. Gerechtigkeit ist keine Angelegenheit für Sonntagsreden, die wir dann vergessen können, wenn es ums Handeln geht. Dies ist eine Angelegenheit die die Zusammenarbeit aller erfordert, und man wird ohne Gerechtigkeit diese Zusammenarbeit nicht bekommen“. Sunita Narain, Direktorin des indischen Centre for Science and Environment und langjährige produktive Beobachterin der Klimadebatte, wurde auf dem Podium des Alternativgipfels sehr deutlich. (Hier ihr jüngster Artikel zum Stand der Klimadebatte). Die Klimagerechtigkeit ist ihrer Ansicht nach aber nicht nur eine inter-nationale Herausforderung, sondern auch eine intra-nationale, innerhalb eines jeden Landes.

Martin Rocholl, Vorsitzender von Friends of the Earth Europe, hatte zuvor die Herausforderung von Klimagerechtigkeit deutlich gemacht. Er vertrat zwei Prinzipien: Das Umweltprinzip, daß die Erde begrenzt ist, und sich unsere Nutzung von Ressourcen und Produktion von Abgasen an diese Grenzen halten muß. Und das Gerechtigkeitsprinzip, nach dem jedem Menschen im Prinzip ein gleicher Anteil an der Umweltgütern der Erde zusteht. Daraus läßt sich ableiten, daß die Emissionen jedes US-Amerikaners von jetzt 20t CO2/Jahr und jedes Deutschen von ca. 10t CO2/Jahr auf ca. 2t CO2/Jahr herunter müssen. (Die Powerpoint-Präsentation findet sich ab heute abend unter www.martinrocholl.de).

Differenzen kamen auf, als Elmar Altvater den Emissionshandel attackierte. Die flexiblen Mechanismen des Kyoto-Protokolls seien kein gerechtes System und nur ein Weg, mit dem durch fragwürdige Projekte im Süden nur weitere Emissionen im Norden ermöglicht würden. Man dürfe das Klima nicht dem Marktmechanismus überlassen, das Problem könne nicht mit den gleichen Mechanismen gelöst werden, mit denen es geschaffen wurde. – Warum eigentlich nicht, frage ich mich. Sind es nicht auch – politische geschaffene – Märkte, die uns die rasche Entwicklung der erneuerbaren Energien gebracht haben? Ist der Marktmechanismus das Problem oder die politischen Rahmenbedingungen, unter denen er operiert?

Klaus Milke (Germanwatch und Klimaallianz) nannte die unbestreitbaren Probleme sowohl des europäischen Emissionshandels als auch der flexiblen Mechanismen Teil eines Lernprozesses. Es wichtig und richtig, daß CO2 einen Preis bekomme. Und auch Martin Rocholl verwies darauf, daß wir beiden brauchen: Verbote, d.h. den harten Eingriff des Ordnungsrechts, und die Marktinstrumente, wenn sie richtig genutzt werden.

Elmar Altvater legte nach: Es sei hochgradig politisch naiv, sich auf solche, auf neoliberalen Prinzipien basierenden Instrumente einzulassen. Letztlich würden auf den Märkten für Emissionsrechte dann Finanzmarktakteure handeln, die kein Interesse an Klimaschutz hätten, sondern nur ihren Profit maximieren wollten. Sie hätten damit ein Interesse daran, die Verschmutzung nicht zu vermindern, sondern zu erhalten.

Einspruch, Euer Ehren: Die politische Debatte um den europäischen Emissionshandel zeigte gerade auf, wie in dieser Frage die Interessen der Konzerne auseinanderfallen: Während die großen Stromkonzerne (und leider auch die Gewerkschaften von verdi bis IGBCE) auf eine großzügige Vergabe von Emissionsrechten drängten, waren es Finanzmarktakteure, wie z.B. die Deutsche Bank oder die Dresdner Bank, die darauf drängen, Emissionsrechte zu verknappen. Das ist auch logisch: Sie haben ein Interesse daran, daß der Emissionshandel funktioniert, denn nur dann können sie als Broker daran verdienen. Und ohne politisch geschaffene Knappheit kann kein Emissionshandel funktionieren.

Deutlich wurde mit dieser Kontroverse, welcher Graben in der Klimapolitik noch immer herrscht. Hat die kapitalismuskritische Linke ein glaubwürdiges Instrumentarium, den Tanker Kapitalismus von der Klimakatastrophe abzuwenden, ohne die Instrumente des Kapitalismus anzuwenden? Die Umweltbewegung hat sich in ihrer Mehrheit dafür entschieden, den Klimawandel mit allen Mitteln zu bekämpfen – und sei es auch mit marktwirtschaftlichen. Viel Stoff für Debatten ...

Photo: Simon Krämer

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

hallo gähnblog...schnarch schnarch...